Die Woche geht zu Ende

  • (Fortsetzung von "Es begann an einem Freitag" und "Rückkehr am Samstag")


    Da ist er also, der dritte Teil meiner Fanstory :)
    Diesmal sind auch einige von euch dabei; Ladys and Gentlemen, es treten auf:


    Lordi, Kingwitty, Webmaster, Mindful, Roflduhastlol, Shengo Cleanmen, Dave94, Marcus und ASRloverock


    Wie immer freue ich mich auf euer Feedback und hoffe, dass ihr beim Lesen Spaß habt :)


    Auf gehts also:

  • Sie kamen näher! Auf beiden Seiten des schmalen Waldwegs tauchten sie nun auf, eine schier endlose Menge an bewaffneten Männern! AnnaSophia rannte vor mir. Der Abstand zwischen uns wurde immer größer. Es fiel mir immer schwerer meine Beine zu bewegen. Rechts und links sausten nun einige dieser Männer vorbei, die mich eingeholt hatten. Sie beachteten mich gar nicht. Ihr ganzes Augenmerk lag auf AnnaSophia, die jetzt in der Entfernung immer kleiner wurde. Dort vorne hatten ihr noch mehr Männer aufgelauert. Sie stürzten sich auf sie, der Himmel wurde rot und alles um mich herum ging in Flammen auf. Es wurde immer heißer und es war mir kaum mehr möglich die Luft um mich herum einzuatmen. Es fühlte sich an, als würden die Flammen mit dem Atem in meine Lungen gesogen, um mich von innen heraus zu verbrennen. Die Hitze wurde unerträglich. Ich fiel auf die Knie. Dann ein lautes Knacken! Ein gewaltiger Baum stürzte von den Flammen zerfressen um, genau in meine Richtung! Ich wollte ausweichen, doch konnte mich nicht rühren. Der Baum kam immer näher und...
    Ich öffnete die Augen und fuhr erschrocken herum. Ich war schweißgebadet. Mein Herz trommelte mir von innen in einem unglaublichen Tempo gegen die Brust.
    Erleichtert stellte ich fest, dass ich mich immernoch in dem Zimmer befand, in dem ich nur wenige Stunden zuvor eingeschlafen war und nicht in diesem Inferno, das ich eben noch vor mir sah. Mein Atem ging jetzt ein wenig langsamer und auch mein Herz versuchte nicht mehr, mir die Rippen zu brechen. Ich drehte mich um. Erneute Erleichterung. AnnaSophia lag neben mir und schlief friedlich. Die Decke hob und senkte sich ihrem Atem folgend so langsam und ruhig, wie ich es von ihr gewohnt war. Sie hatte nichts von meinem Erwachen mitbekommen, wie es schien.
    Ich ließ meinen Kopf auf das Kissen zurück fallen und versuchte wieder einzuschlafen, doch mir wollte ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf. Irgendetwas war doch faul an dieser Sache... Genau! Vampire träumen für gewöhnlich nicht. Das bedeutete, dass das da eben entweder die berühmte Ausnahme war, die die Regel bestätigt, oder es war eine Vision. Von Visionen bei Vampiren meines Clans hatte ich immer wieder gehört. Das Beunruhigende daran war, dass alle Visionen, von denen mir berichtet wurde auch immer eingetroffen waren, meist sogar nur wenige Tage später. Was kam da bloß wieder auf uns zu?

  • Ich rückte ein Stück näher zu AnnaSophia und legte meinen Arm um sie. Das gab mir ein gutes Gefühl und ich vergaß bald diesen seltsamen Traum, so dass ich bald darauf wieder in tiefen Schlaf fiel.
    "Hey, du Schnarchzapfen.", war das Erste, dass ich am darauffolgenden Morgen zu hören bekam.
    "Mmmh?" - Mehr hatte ich dazu nicht zu sagen.
    "Na los, steh auf."
    "Ja, gleich.", murmelte ich in mein Kopfkissen und drehte mich um.
    Aber AnnaSophia ließ nicht locker: "Nein, nicht gleich, jetzt!"
    Sie schüttelte mich ein wenig. "Muss ich den Eimer erst wieder voll Wasser laufen lassen?"
    Ich erinnerte mich noch ziemlich gut an diesen Morgen vor ein paar Wochen. Damals hatte ich es nach einer dreiviertel Stunde immer noch nicht aus dem Bett geschafft. AnnaSophia hatte dann zum bewährten Hausmittel, dem Wassereimer, gegriffen und ich wurde von einer vier Grad kalten Dusche aus dem schönsten Schlummer geholt.
    Leider gab es wohl nur eine Möglichkeit zu verhindern, dass mir das heute wieder passiert. Ich wälzte mich noch einmal quer über die Matratze, bis ich kopfüber über der Bettkante lag. Ich starrte in AnnaSophias Gesicht.
    "Na also, wenigstens bist du wach. Steh auf, wir müssen bald los.", sagte sie.
    "Hä?" Ich wusste nicht, was sie meinte.
    "Der Film? Die Dreharbeiten? Heute zum Set? Na?" Sie warf mir einen Vorwurfsvollen Blick zu.
    "Ahhh!" Jetzt war es mir wieder eingefallen. AnnaSophia wurde für einen neuen Film engagiert und dafür mussten wir heute noch nach Deutschland fliegen. Man könnte sich fragen, wieso ich mitmusste, aber ich hatte es ihr versprochen. Außerdem sprach sie kein Wort deutsch, also musste ich als Dolmetscher aushelfen.
    "Jetzt aber raus aus den Federn, du kannst im Flugzeug noch weiterschlafen." Sie wurde jetzt etwas ungeduldig, was angesichts des Ziffernblattes der Wanduhr, auf die mein Blick nun fiel, auch kein Wunder war.
    "HÄ?!" Ich sprang auf. "Wir haben unseren Flug verpasst!"
    "Was? Nein. Wir fliegen in vierzig Minuten."
    Ich sah nochmal auf die Uhr. War es eben nicht noch zwanzig nach zwölf gewesen? Jetzt deuteten die Zeiger aber auf zehn vor sechs.
    "Wie zum...?"
    "Für dich stand die Uhr auf dem Kopf. Ich sagte doch, kauf eine mit Zahlen drauf, aber dir hat ja die unbeschriftete besser gefallen.", meinte sie mit einem leicht kritischen Unterton. "Komm jetzt, wir haben trotzdem keine Zeit. In zehn Minuten fahren wir."

  • Ich schlurfte ins Bad und klatschte mir ein paar Hände voll Wasser ins Gesicht, um wach zu werden. Ich sah in den Spiegel. Außer dem Badezimmer war nichts darin zu sehen. Also war ich immernoch ein Vampir. Diese merkwürdige Sitzung bei dieser ominösen Wunderheilerin letzten Dienstag war also ein Schlag ins Wasser gewesen, aber ich hatte mir auch nicht viel davon versprochen. Trotzdem grenzt es schon ans Traurige, dass ich mich mittlerweile auf solche Dinge eingelassen hatte, nachdem meine Suche nach der Menschwerdung immernoch erfolglos war.
    "Beeil dich!", kam es mir entgegen, als ich mit Zahnbürste und Schaum vor dem Mund ins Wohnzimmer kam.
    "Ich hol nur schnell meinen Koffer.", rief ich zurück. Wie gut, dass ich schon am Abend zuvor alles Nötige zusammengepackt hatte, sonst hätte ich auf dieser Reise wohl nicht mehr dabei gehabt, als das, was ich gerade anhatte.
    Ich stapfte die Treppe nach oben und schnappte mir den kleinen Koffer, der dort schon abholbereit rumstand. Als ich wieder nach unten kam sah ich AnnaSophia hektisch im Zimmer umherlaufen.
    "Hast du mein rotes Kleid irgendwo gesehen?", fragte sie mich. Als ob sie dieses Kleid am Set brauchen könnte. Der Drehort lag mitten in den Alpen, da sollte sie lieber Wanderschuhe mitnehmen, als ein Kleid, aber so sind Frauen nunmal.
    "Nö. Habs nicht gesehen.", meinte ich nur, als ich wieder ins Bad zurückging, um mir den Mund auszuspülen.
    Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, standen dort noch zwei weitere Koffer transportbereit herum, und AnnaSophia stand grinsend daneben. Ich ging zu ihr rüber. Sie grinste immernoch.
    "Ja, schon gut. Deine Koffer nehm ich auch."
    "Danke.", sagte sie und umarmte mich kurz, bevor sie mit dem Schlüssel in der Hand durch die Haustür verschwand.
    Ich schleppte mich krumm und buckelig unter dem Gewicht der drei Koffer. Vielleicht hätte ich sie einzeln ins Auto laden sollen, aber als mir der Gedanke kam, war es bereits zu spät.

  • Als ich endlich alles im Kofferraum untergebracht und die Klappe geschlossen hatte sah ich, dass sie wieder diesen Blick aufgesetzt hatte, diesen Blick, den sie immer benutzte, wenn wir irgendwohin fahren mussten.
    "Schon kapiert.", sagte ich und warf ihr die Wagenschlüssel rüber.
    Sie fing sie auf und kam dann um den Wagen herum zu mir gelaufen und gab mir einen Kuss. Ich hielt ihr noch die Türe auf, bevor ich dann auf der Beifahrerseite einstieg. Es störte mich nicht, wenn AnnaSophia hinterm Steuer saß, aber selbst zu fahren war doch nochmal ein schöneres Gefühl. Bei ihrer ersten Fahrt war ich heilfroh, wieder aus dieser Höllenkiste raus zu sein, aber mittlerweile war sie eine gute und solide Fahrerin geworden. Ich machte mir also keine Gedanken, als sie den Motor startete.
    "Ich freu mich schon auf meine Heimat.", sagte ich.
    Mir war bewusst, dass AnnaSophias Erinnerungen an Deutschland nicht die besten waren, was nach den Vorfällen im Hamburger Hafen auch kein Wunder war. Sie nickte nur und konzentrierte sich weiter auf die Straße.
    Den Rest der Fahrt war sie still, teils weil sie sich konzentrieren musste, aber auch, weil sie nachdachte, das konnte man ihr ansehen. Sie machte ein sorgenvolles Gesicht und klammerte sich sehr stark ans Lenkrad.

  • Bald darauf waren wir am Flughafen angekommen. Wir waren schon etwas spät dran, und so hasteten wir mit unseren Koffern richtung Gepäckannahme. Alles ging jetzt zügig voran. Wir passierten den Sicherheitscheck und rannten zur Abflughalle.
    Plötzlich blieb AnnaSophia stehen:"Oh nein. Sieh mal."
    Sie deutete auf eine große Anzeigetafel.
    "Na super, so ein Mist!", entfuhr es mir.
    Unser Flug war gestrichen worden, stattdessen sollte eine Ersatzmaschine fliegen – in vier Stunden.
    AnnaSophia ließ ihre Tasche auf den Boden gleiten und sah mich an.
    "Und jetzt?", fragte sie.
    "Naja, wir müssen wohl hier am Terminal die Zeit irgendwie totschlagen.", antwortete ich. "Wie wärs, wenn wir uns in das Cafe dort hinten setzen?"
    Sie nickte und hob ihre Tasche wieder auf. Dann gingen wir beide zu dem kleinen Cafe, das zwischen einem Laden für Postkarten und einem größeren Restaurant lag. Wir setzten uns an einen Tisch und studierten die kleine Karte, die dort lag.
    "Na, hast du schon was für dich gefunden?", fragte ich AnnaSophia.
    "Hmm, ich glaube... ich nehme einen Espresso. Und du?"
    Mit Espresso hatte ich schonmal schlechte Erfahrungen gemacht, davon ließ ich jetzt lieber die Finger. Wie konnte AnnaSophia sowas nur trinken?
    "Ich trinke lieber nichts, ein Stück Kuchen reicht mir völlig.", meinte ich dann. "Magst du auch eins?"
    "Danke. Aber... nein danke."
    Ich zuckte mit den Schultern. Dann sagte ich: "Gut, ich geh schnell vor und bestelle."
    Ich stand auf und ging langsam zum Tresen. Das Cafe war nicht sehr gut besucht, nur drei andere Kunden saßen an einem Tisch in einer Ecke. Wenn ich mich nicht verhört hatte unterhielten sie sich über ihre Reise. Sie kamen aus Deutschland und hatten Denver für einige Tage besucht, waren aber offenbar nicht ganz zufrieden, als hätten sie nicht alle ihre Ziele erreicht. Ich beachtete sie nicht weiter und bestellte den Espresso und ein Stück Zitronenkuchen.

  • Als ich mich umdrehte, um zu unserem Tisch zurück zu gehen, betrat ein junger Mann das Cafe. Er ging gezielt auf unseren Tisch zu und sprach AnnaSophia an.
    "Wow! Du bist doch... Ich glaubs nicht... AnnaSophia Robb!", sagte er, ohne recht zu wissen, was er eigentlich sagen sollte.
    "Hey Leute!", rief er dann den anderen drei Kunden zu. "Kommt mal her, das werdet ihr nicht glauben!"
    Die drei wandten sich ihm zu. Sie erkannten AnnaSophia nicht, da sie mit dem Rücken zu ihnen saß, wohl aber ihren Kameraden vorne am Tisch.
    "Was denn, Witty?", rief einer der drei. "Wen hast du diesmal entdeckt? Angelina Jolie?"
    "Warte bitte kurz hier.", sagte 'Witty' dann zur etwas verdutzt dreinblickenden AnnaSophia und ging dann zu den anderen an den Tisch. Ich entschied mich, vorerst an der Theke stehen zu bleiben und ein bisschen die Ohren zu spitzen.
    "Man Leute." - Das war Wittys Stimme. - "Da drüben am Tisch sitzt AnnaSophia Robb!"
    "Ja sicher. Die ist wahrscheinlich genau so echt wie dieser George Clooney, den du angeblich vorhin gesehen hast.", meinte einer der drei.
    "Das war ein Versehen. Und das wisst ihr auch. Von hinten...", versuchte Witty sich zu rechtfertigen.
    "Eben. Von hinten ähnelt sogar die da drüben AnnaSophia. Aber sieh sie dir mal genauer an. Ihre Haut ist viel zu blass, das kann sie eigentlich gar nicht sein.", meinte ein anderer.
    Ich gab AnnaSophia ein Zeichen sich umzudrehen und die vier anzusehen, was sie dann auch tat.
    Ein lautes Klirren war zu hören, als einer der drei seine Tasse fallen ließ.
    "Oh mann, Lordi! Du hast meine Hose voll erwischt. Wie soll ich mich denn jetzt bei ihr blicken lassen?"
    "Oha... ääh... Tschuldigung Marcus."
    "Mehr fällt dir dazu nicht ein?" - Marcus schien ein wenig sauer zu sein.
    AnnaSophia konnte sich ein Kichern jetzt nicht mehr verkneifen und auch ich musste grinsen.
    "Schau dir das an, jetzt hält sie uns für die größten Trottel.", maulte Marcus.
    "Ich kann doch auch nichts dafür, dass du deine Hose unter meine Tasse hälst.", sagte Lordi.
    "Soll das jetzt witzig sein?"
    "Hey kriegt euch wieder ein, da drüben sitzt immerhin AnnaSophia Robb! DIE AnnaSophia!", ging Witty dazwischen. Er wirkte richtig begeistert.
    "Ja Kingwitty, du hast recht.", meinte der Letzte am Tisch, der sich bisher noch gar nicht zu Wort gemeldet hatte. "Und seht mal, wer da noch ist." Er deutete auf mich.
    Woher kannte er mich? Aber jetzt, wo ich ihn mir so ansah... Wir waren uns doch schonmal über den Weg gelaufen...

  • "Ähh... Webmaster, könntest du uns jetzt auch noch sagen, wer das ist?", fragte Marcus.
    Na klar! Der Webmaster! Er hatte doch den speziellen Zugang zum Forum ermöglicht.
    "Das ist jemand, der mir noch erklären muss, wieso Dave plötzlich Zugriff auf einen Account hat, der nur für diesen Jemand bestimmt war.", meinte der Webmaster und sah mich dabei durchdringend an. Er wusste genau, dass ich ihn hören konnte.
    Ich lief rot an und entschied mich zu unserem Tisch zurück zu gehen, jetzt wo ich erkannt wurde.
    "Danke. Das hat jetzt aber lang gedauert." AnnaSophia zwinkerte mir zu.
    "Ach weißt du... ich konnte mich nicht für einen Kuchen entscheiden und da..."
    "Ich hab alles mitbekommen. Jetzt weiß ich auch, woher dieser Dave plötzlich meine Nummer hatte."
    Ich lachte etwas verlegen und kratzte mich am Kopf: "Ich gebs ja zu..."
    "Schon ok.", meinte AnnaSophia und lächelte.
    Die vier Männer kamen jetzt mitsamt ihren Stühlen auf uns zu. Ich sah AnnaSophia in die Augen und sie zuckte mit den Schultern. Es störte sie also nicht.
    Während Kingwitty, Lordi und Marcus sich direkt AnnaSophia zuwandten und anfingen, sie mit Fragen zu löchern und ihr immer wieder zu sagen, sie wären ihre größten Fans, nahm der Webmaster mich beiseite.
    "Hör mal, die Sache in dem Internetcafe sollte nicht mehr vorkommen.", raunte er mir zu. Er hätte wohl auch normal mit mir reden können, denn die Anderen waren ja ziemlich abgelenkt, aber er schien auf Nummer sicher gehen zu wollen.
    "Tut mir Leid, kommt nicht mehr vor. Aber außer Dave hatte niemand Zugriff, oder? Er hat sich doch dann ausgeloggt, nehm ich an?", flüsterte ich zurück.
    "Warum fragst du ihn das nicht selbst? Er müsste auch hier irgendwo am Flughafen rumgeistern, genau wie ASRloverock, Shengo Cleanmen und Roflduhastlol. Wir habens endlich mal geschafft zusammen in die USA zu fliegen."
    "Aber ihr habt unser Haus nicht gefunden, wie es scheint." Ich zog die Mundwinkel nach oben.
    "Wir habens ja auch nicht drauf angelegt. Außerdem weißt du genau, dass ich weiß, was die Anderen nicht wissen, wenn du verstehst." Er zwinkerte mir zu.

  • "Das glaub ich jetzt ja nicht!", rief plötzlich jemand hinter mir. Ich drehte mich um. "Die sitzen da mit AnnaSophia rum und haben uns nichtmal bescheid gegeben!" Vier weitere Gesellen hatten das Cafe betreten.
    "Wir wollten euch gerade anrufen, Dave.", sagte Lordi und packte sein Handy in die Jackentasche.
    "Dave94?", fragte ich ihn direkt.
    "Hä? Ja. Und du?"
    "Das ist jetzt egal, sag mir nur schnell, ob du dich an dem Tag damals im Internetcafe ausgeloggt hast."
    "Internetcafe? Wann soll das gewe... achso! Ähh ich denke schon, wieso? Ist das so wichtig?"
    "Ob das wichtig ist? AnnaSophias ganze Daten waren da öffentlich zugänglich. Natürlich ist das wichtig."
    "Bleib locker. Ich hab nichts getan, das ich bereuen würde." Er drehte den Kopf leicht zur Seite. "Hey Webmaster, wo wir gerade dabei sind, das war doch ne Forumsseite, oder nicht? Sag mir jetzt bitte nicht, du hast davon gewusst."
    Der Webmaster wich Daves Blick aus: "Gewusst? Ich? Natürlich nicht. Ich meine..."
    Dave schien gerade scharf nachzudenken und starrte den Webmaster durchdringend an, während die anderen drei sich zu der Gruppe um AnnaSophia gesellten.
    "Lasst ihr noch Luft zum Atmen.", ermahnte der Webmaster die Anderen, die AnnaSophia jetzt doch sehr nahe gekommen waren. Sie konnte sich kaum noch rühren, blieb aber entspannt und wirkte ziemlich fröhlich.
    Wir beschlossen, ein paar Tische zusammen zu stellen und saßen dann gemütlich beieinander, so dass die Wartezeit wie im Flug verging.
    An Bord stellten wir schließlich fest, dass wir die hintersten drei Reihen fast vollständig besetzten. Nur ASRloverock hatte das Pech ganz vorne zu sitzen, was irgendwie mit der Buchung zusammenhing. Ich bot ihm noch an, mit ihm zu tauschen, aber er saß nur leicht geknickt da und schüttelte den Kopf.

  • Damit Lordi während meiner Abwesenheit nicht zu langweilig wird, gibts jetzt nochmal einen extra langen Teil der Geschichte. - Wie du im Chat wolltest Lordi, ausnahmsweise ;)
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    Die beiden Plätze neben ASRloverock waren immernoch frei, als das Flugzeug zur Startbahn rollte. Ich schnallte mich schnell noch ab und ging nach vorne, wo ich mich neben ihn auf den Sitz fallen ließ. Er sah mich verdutzt an und fragte ungläubig: "Du verzichtest auf einen Platz direkt neben AnnaSophia?"
    Ich drehte mich nach hinten um und deutete ASRloverock an, es mir gleich zu tun. Hinten ging ein Gerangel um den frei gewordenen Platz los und eine Stewardess musste einschreiten, um das Schlimmste zu verhindern.
    "Ich hänge am Leben.", erklärte ich.
    ASRloverock konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er sagte: "Typisch für diese Chaotentruppe. Sie sagen immer, sowas in der Art würden sie nie tun, aber im Ernstfall..."
    Den Rest seiner Worte übertönte ein Triumphschrei von hinten. "Hahaaa! Meiner!"
    "Was schätz du?", fragte ich ASRloverock und konnte kaum ernst bleiben. "War das Shengo oder Marcus?"
    "Also für mich hat sich das eher nach Lordi angehört."
    Wir sahen uns um und waren baff, als wir erkannten, dass Kingwitty offenbar zu so einem Schrei fähig war. Der musste jetzt allerdings die wütenden Blicke der anderen Passagiere über sich ergehen lassen, die sich offenbar ein wenig gestört fühlten. AnnaSophia konnte fast nicht mehr vor lachen.
    "Das hätte ich jetzt nicht gedacht.", sagte ich.
    ASRloverock machte ein erstauntes Gesicht und zuckte mit den Schultern.
    Der Flug verlief ruhig, mal von einigen Turbulenzen abgesehen. Gegen Abend – wir waren jetzt schon zehn Stunden unterwegs – kam AnnaSophia zu uns nach vorne und setzte sich auf den letzten freien Platz.
    "Die Anderen sind schon alle eingeschlafen. Probleme mit der Zeitumstellung schätze ich.", sagte sie. Auch ASRloverock sah nicht mehr sonderlich wach aus.
    "Eine ganz schön chaotische Truppe.", fügte sie hinzu.
    "Das kannst du laut sagen.", meinte ASRloverock. "Aber dafür haben sie auch allen Grund."
    AnnaSophia fühlte sich offenbar geschmeichelt.
    "Und ihr zwei? Wie war euer Flug bisher so?"
    "Wir haben uns ein bisschen unterhalten. Nur war das irgendwann nicht mehr so einfach.", sagte ich und deutete auf einen ganzen Haufen an Verpackungen von Brötchen und Erdnüssen zu ASRloverocks Füßen.
    "Dich will ich sehen, wie du mit vollem Mund deutlich redest.", meinte er nur trotzig, woraufhin wir alle drei in Lachen ausbrachen.
    AnnaSophia kuschelte sich jetzt an mich und schloss die Augen. Es war für sie aber auch ein harter Tag, umringt von so vielen Fans.
    "Uiuiui, hab ich da was verpasst?", fragte ASRloverock, als ich meinen Arm um AnnaSophia legte während ich sie mit der anderen Hand samft streichelte. "Das darf doch sicher nicht jeder, oder?"
    "Wir kennen uns schon länger, weißt du.", antwortete ich ihm. Mehr brauchte ich auch nicht zu sagen.
    "Ahja, verstehe. Herzlichen Glückwunsch." Er zwinkerte mir zu. Dann gähnte er einmal herzhaft und lehnte sich auch an mich.
    "Ähh... Könntest du...?" Nein, könnte er nicht, denn er war schon eingeschlafen. Sowas war mir ja noch nie passiert. Ich schob in vorsichtig von mir weg und lehnte ihn gegen das Fenster zu seiner Linken.
    Und auch mich überkam bald darauf eine große Müdigkeit, so dass es nicht lange dauerte, bis ich sanft dahin schlummerte.


    Ich war einer der Ersten, der wieder aufwachte. AnnaSophia lehnte immernoch an mir und schlief ruhig. ASRloverock hatte es in einer akrobatischen Meisterleistung irgendwie geschafft sich im Schlaf umzudrehen. Sein Kopf baumelte über den Rand des Sitzpolsters und seine Beine ragten gefährlich nahe an den Knopf, mit dem man den Bordservice rufen konnte. Ich warf einen kurzen Blick nach hinten. Auch dort schliefen noch beinahe alle, nur Shengo starrte gelangweilt aus dem Fenster und hörte Musik. Kingwitty hatte sich im Schlaf dem Webmaster um den Hals geworfen, der seinerseits etwas krumm in seinem Sitz lag. Was in einem Flugzeug doch alles so möglich ist.
    Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern, bis wir ankamen, denn unter uns befand sich Land, was bedeutete, dass wir uns zumindest schon über Europa befinden mussten. Es dauerte auch nicht lange, da hallte eine Durchsage durch das Flugzeug:
    "Sehr geehrte Fluggäste, hier spricht ihr Kapitän. Wir werden in wenigen Minuten mit dem Landeanflug auf den Flughafen München beginnen. Wir bitten Sie alle elektronischen Geräte auszuschlaten, Ihr Handgepäck sicher zu verstauen und ihre Gurte wieder anzulegen."
    Die Anschnall-Zeichen leuchteten nun im ganzen Flugzeug auf und die Stewardessen begannen damit, die schlafenden Passagiere zu wecken.
    "Wach auf AnnaSophia.", sagte ich sanft und streichelte ihr über den Kopf.
    Plötzlich hörte ich ein lautes Husten neben mir. ASRloverocks Kopf war so tief unter den Sitz gesunken, dass er eine der herumliegenden Verpackungen verschluckt hatte. Er strampelte ein wenig mit den Beinen, bevor er komplett vom Sitz rutschte und keuchend seinen Kopf hob.
    "Das war knapp.", röchelte er und schnappte nach Luft. "Und du sitzt nur da und tust nichts. Ich hätte ersticken können!"
    "Nicht so laut. AnnaSophia soll sanft aufwachen und nicht von deinem Geschrei aus dem Schlaf gerissen werden.", zischte ich.
    "Oh. Tut mir leid." Dann bemerkte er das Anschnall-Zeichen. "Hä? Sind wir schon da?"
    "Wir landen demnächst."
    AnnaSophia wurde nun langsam wach. Sie blinzelte kurz und kuschelte sich an mich.
    "Hey AnnaSophia, das ist gerade kein guter Zeitpunkt. Wir landen gleich. Wie hast du geschlafen?"
    Sie gähnte, bevor sie begann sich zu strecken und dann fragte: "Hast du schonmal geträumt? Ich meine, träumen Vampire denn?"
    "Hä? Hab ich da grad Vampire gehört?" ASRloverock klopfte sich gegen den Kopf, als hätte er Wasser im Ohr. "Jetzt nochmal, was hast du gerade gesagt?"
    Ich ignorierte ihn, denn was AnnaSophia da gerade gefrat hat machte mich hellhörig.
    "Du hast geträumt?", fragte ich.
    "Ja, aber es war eher ein Alptraum."
    "Was hast du gesehen?"
    "Wir waren zu zweit in einem Wald. Plötzlich sind dutzende Männer zwischen den Bäumen hervorgesprungen und haben dich verfolgt."
    "Ach mach dir nichts draus.", meldete sich ASRloverock zu Wort. "Ich hab auch manchmal Alpträume, aber das passiert doch jedem mal."
    "Solltest du nicht den Müll da unten noch wegräumen?", fragte ich ihn, um ihn von unserem Gespräch abzulenken. Dann wandte ich mich wieder AnnaSophia zu: "Wie ging es dann weiter?"
    "Ich weiß nur noch, dass dann ein Feuer ausgebrochen ist und dann hast du mich geweckt.", antwortete sie.
    Im Gegensatz zu mir beunruhigte sie dieser Traum nicht, aber sie konnte auch nicht wissen, dass ich einen verdammt ähnlichen Traum in der Nacht zuvor hatte. Was ging hier vor?
    "Kannst du das mal schnell in den Müll werfen?", fragte ASRloverock und drückte mir einen Haufen Plastik in die Hand.
    "Das holen die Stewardessen nachher noch ab, aber jetzt landen wir erstmal." Mit diesen Worten gab ich ihm die Verpackungen zurück. Dann sah ich mich nochmal um. Hinten versuchte eine Stewardess verzweifelt das Knäuel aus Kingwitty und dem Webmaster zu lösen, was mit Lordis Hilfe schließlich auch gelang.
    Das Flugzeug setzte nun zum Landeanflug an.

  • Sooo, sry dass ihr so lange warten musstet, aber ihr wisst ja, dass 'Internet' zur Zeit leider erst nach 60km Fahrt beginnt...
    Dafür hau ich euch die Geschichte jetzt nur so um die Ohren ;) Alle Teile, ausnahmslos, bis zum Ende und in voller Länge; holt euch ne Tüte Popcorn und setzt euch hin, denn die Pause ist jetzt vorbei :D
    (Lasst mir nur eben noch paar Minütchen, um OpenOffice bei meiner Schwester zu downloaden/installieren x)

  • "Endlich wieder daheim.", jubelte ASRloverock.
    Ich riskierte einen Blick aus seinem Fenster und sah unter uns einen Vorort von München. AnnaSophia versuchte neugierig auch einen Blick aus dem Fenster zu erhaschen, was ihr aufgrund ihres Gurtes eher schwer fiel.
    Eine gute Viertelstunde später ertönte Applaus im Passagierraum, nachdem das Flugzeug butterweich auf dem Rollfeld aufgesetzt hatte.
    "Sehr geehrte Fluggäste, wir haben unser Ziel, den münchener Flughafen, nach fünfzehn Stunden Flugzeit um halb zehn Uhr morgens Ortszeit mit einer halben Stunde Verspätung erreicht. Ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Flug. Bitte bleiben Sie angeschnallt auf ihren Sitzen, bis das Flugzeug die endgültige Parkposition erreicht hat. Vielen Dank, dass Sie mit uns geflogen sind. Wir möchten uns für die Turbulenzen während des Fluges entschuldigen und wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt."
    ASRloverock schien das für eine günstige Gelegenheit zu halten, denn er fragte: "AnnaSophia? Was wirst du jetzt machen? Also in Deutschland? Und... besteht eine Möglcihkeit, dass wir... uns wiedersehen?"
    "Ich kann doch meinen größten Fans ein Treffen nicht verwehren." Sie dachte kurz nach. "Wie wäre es, wenn ihr mit zum Set kommt?"
    Das schien mir jetzt doch etwas voreilig entschieden. "Und was sagt die Filmcrew dazu?", fragte ich.
    "Das geht schon in Ordnung. Also, wenn ihr Zeit habt..."
    "Na und ob!" AnnaSophia zuckte zusammen, als plötzlich Dave neben ihr im Gang stand und antwortete. "Wo wird denn gedreht?" Er hatte ein breites Grinsen aufgelegt.
    "Hey, wir sollten doch angeschnallt bleiben, bis...", versuchte ASRloverock ihn zu belehren. Aber vergebens. "Ach was. Was soll jetzt noch groß passieren?", meinte Dave.
    Im gleichen Moment fuhr das Flugzeug eine scharfe Kurfe in richtung Terminal, so dass Dave den Boden unter den Füßen verlor und in AnnaSophias Schoß landete.
    Er drehte nur verlegen den Kopf nach oben und war sich nicht sicher, ob er lachen sollte. AnnaSophia saß regungslos da und starrte Dave an.
    "Weg da, du Tollpatsch.", sagte ASRloverock. Aus seiner Stimme war der Neid ganz deutlich herauszuhören.
    Dave sprang auf und kratzte sich am Kopf. "Das... ääähm... das tut mir leid, ich..."
    "Schon in Ordnung. Es ist ja nichts passiert.", meinte AnnaSophia, lief aber trotzdem leicht rosa an.
    Dave verlor abermals das Gleichgewicht, als die Maschine mit einem kurzen Ruck zum stehen kam. Diesmal jedoch fiel der durch die Tür in richtung Ausgangsluke.
    Wir sagten nichts dazu, als er kurz darauf wieder neben uns stand und sich den Hinterkopf hielt. Der zweite Sturz wurde wohl nicht so angenehm gebremst, wie der erste.


    AnnaSophia und ich warteten vor den Türen des Flughafens auf die Anderen, deren Gepäck erst einige Zeit nach unserem ausgeladen wurde. Der Erste, der uns hinterherkam, war Lordi.
    "Stimmt das, was Dave da drin gerade rumerzählt?", fragte er.
    "Das war nur ein Versehen.", antwortete ich.
    "Also dürfen wir doch nicht mit zum Set?"
    "Oh. Das meintest du. Ähm... AnnaSophia?"
    "Klar dürft ihr mit, wenn ihr wollt.", sagte sie.
    "Wer würde das denn nicht wollen? Ich bin dabei." Lordi stand die Begeisterung ins Gesicht geschrieben.
    Wir mussten nicht lange warten, bis alle Anderen zu uns gestoßen waren. Alle ohne Ausnahme konnten es irgendwie einrichten, dass sie mit zum Set konnten. Nachdem Kingwitty das Telefonat mit seinem Chef beendet hatte, dem er vorgaukelte, dass es Probleme mit dem Rückflug gab und er die nächsten Tage leider nicht kommen konnte, gingen wir zu einem schwarzen Mercedes, der schon auf uns wartete.
    "Und da sollen wir alle reinpassen?", fragte Roflduhastlol skeptisch.
    Ganz unrecht hatte er nicht. Das Fahrzeug bot Platz für vier Personen außer dem Fahrer, und den konnten wir ja schlecht hier stehen lassen. Wir waren aber zu zehnt.
    Die Lösung dieses Problems erwies sich als notdürftig. Da wir niemals alle in diesen einen Wagen passen würden, riefen wir bei einer Autovermietung an. Problematisch daran war schließlich, dass die nur noch einen einzigen Wagen da hatten, einen VW Golf.
    "Besser als nichts.", meinte Marcus, als der Wagen schließlich kam.
    Kingwitty, Dave, Roflduhastlol, Marcus, der Webmaster und ich quetschten uns zu sechst in den Kleinwagen, während Lordi, ASRloverock und Shengo mit AnnaSophia und dem gesamten Gepäck irgendwie im Mercedes unterkommen mussten.
    Erleichterung machte sich breit, als wir endlich losfuhren. Diese hielt aber nicht lange an.
    "Sagt mal, wer von euch ist eigentlich auf die Idee gekommen Dave ans Steuer zu setzen?", fragte der Webmaster nach der dritten umgefahrenen Mülltonne. In dem Durcheinander, das entstand, als es um die Verlosung der Plätze bei AnnaSophia im Auto ging, hatte offenbar keiner darauf geachtet, wer jetzt Fahrer war und wer nicht. Wir hielten kurz an und der sichtlich enttäuschte Dave musste seinen Platz an mich abgeben.
    Es war eine ruhige Fahrt aus der Stadt heraus, wenn man von kleineren Rangeleien auf den hinteren Plätzen einmal absieht.

  • Wir fuhren nun schon eine ganze Weile auf der Autobahn hinter dem schwarzen Mercedes her.
    Marcus gähnte einmal herzhaft, bevor er die eine Frage stellte, die wohl jeder Fahrer irgendwann einmal zu seinem Leidwesen zu hören bekommt: "Sind wir bald da?"
    "Es ist schon noch ein gutes Stück. Ich schätze, mit einer Stunde Fahrt musst du noch rechnen.", antwortete ich.
    "Noch eine Stunde?" Kingwitty klang nicht sehr begeistert. "Das halten wir hier hinten nie aus. Können wir nicht wenigstens ab und zu Plätze tauschen?"
    Roflduhastlol machte es sich auf dem Beifahrersitz noch einmal für alle gut sichtbar ganz besonders bequem, bevor er antwortete: "Also ich hab ja kein Problem mit der Platzverteilung."
    "Hör auf die anderen zu ärgern, sonst lass ich euch am nächsten Parkplatz stehen.", warf ich genervt dazwischen.
    "Scheint so, als hätten die da vorne diese Unterhaltung auch schon geführt.", meinte Dave.
    "Hä, was meinst du?", fragte Kingwitty.
    "Na mach doch mal deine Augen auf."
    Dave hatte recht. Es war mir zunächst gar nicht aufgefallen, aber der Mercedes hatte den Blinker gesetzt und steuerte auf einen Parkplatz zu.
    "Vielleicht muss nur mal jemand aufs Klo.", meinte Kingwitty. "Ich hätte übrigens auch nichts dagegen, wenn wir auch..."
    "Du bekommst deine Pause.", sagte ich. "Wir sollten uns nicht aufteilen. Ich kenne den Weg nicht genau, also sind wir auf den da vorne angewiesen."
    Ich lenkte den Wagen nun auch richtung Ausfahrt und bremste ein wenig herunter.
    Kaum, dass wir den Parkplatz erreicht hatten sprang Kingwitty aus dem Wagen, sprintete los und verschwand in einer der Toiletten.
    "Da hatte es wohl einer ganz schön eilig.", meinte Marcus, der Kingwitty diese Geschwindigkeit scheinbar nicht zugetraut hatte.
    Der Mercedes parkte ein paar Plätze weiter vorne. Ich stieg aus und ging zum anderen Wagen hinüber, dessen Türen alle offen standen. Lordi ruhte sich ein wenig auf der Motorhaube aus, während Shengo versuchte einen Haufen Kleidung in einen der Koffer zurückzustopfen, der beim Öffnen der Türen wohl herausgefallen und aufgegangen war.
    "So ein Mist aber auch.", grummelte Shengo, während er versuchte ein grünes Hemd mit Blumenmuster irgendwie zusammenzulegen.
    "Also mein Geschmack wär das ja nicht.", meinte ich beim Näherkommen.
    "Das ist auch nicht mein Koffer, muss wohl ASRloverock gehören.", entgegntete mir Shengo.
    "Ne, meins ist das bestimmt nicht.", kam es von der anderen Seite des Wagens.
    Ich lief um die Motorhaube herum und sah auf der anderen Seite ASRloverock, der ebenfalls damit beschäftigt war, einen umgefallenen Koffer wieder einzupacken.
    "Wieso müssen wir eigentlich das ganze Gepäck mitnehmen?", wollte er sichtlich genervt wissen.
    "Meinst du vielleicht, wir hätten mehr Platz?", fragte Roflduhastlol, der jetzt auch zu uns gestoßen war. "'Sardinenbüchse' wäre noch viel zu großzügig ausgedrückt. Das Gepäck bleibt bei euch, Ende der Diskussion."
    "Wieso habt ihr eigentlich angehalten?", fragte ich.
    "Unser Fahrer musste mal. Außerdem konnte man die Luft da drin schon fast schneiden." ASRloverock nickte mit dem Kopf richtung Auto. "Dieser Fahrer ist sowieso ein seltsamer Typ. Seit unserer Abfahrt hat er noch kein Wort gesagt."
    Jemand tippte mich von hinten an. Ich drehte mich um und sah mich AnnaSophia gegenüber.
    "Na, alles klar bei dir?", fragte ich sie.
    "Ja, die Jungs haben mir freundlicherweise den Beifahrersitz überlassen. Ich hatte genug Platz.", antwortete sie.
    "Das ist ja auch das Mindeste.", sagte Kingwitty, der gerade mit einem erleichterten Gesichtsausdruck von den Toiletten zurückkam.
    Ich legte meinen Kopf auf die Seite, um den anderen Fahrer, der hinter Kingwitty lief, genauer unter die Lupe nehmen zu können. Er kam mir auf merkwürdige Art bekannt vor, doch ich konnte mich nicht mehr erinnern, wo ich ihn schonmal gesehen hatte.
    "Endlich. Und jetzt rein mit dem Mistding." Shengo versuchte den Koffer, aus dem seitlich noch ein Hosenbein heraushing, irgendwie noch in den Kofferraum des Mercedes zu stopfen, obwohl der ohnehin schon mehr als voll aussah.
    "Können wir weiter?", fragte er, nachdem er es irgendwie geschafft hatte, die Klappe zu schließen.
    "Nicht alle!" Wie merkwürdig. Diese Stimme...
    Plötzlich ging alles ganz schnell. Der Fahrer des Mercedes warf AnnaSophia auf die Rückbank, stieß mich und Kingwitty beiseite, so dass wir auf ASRloverock landeten und stieg ein. Shengo hatte die Lage am schnellsten erfasst und versuchte ihn aufzuhalten, jedoch machte er unliebsame Bekanntschaft mit der Fahrertür und taumelte zurück, bis er gegen einen der herumstehenden Müllcontainer stieß und daran hinabglitt. Lordi hob aufgeschreckt von dem plötzlichen Tumult verwirrt den Kopf, gerade noch rechtzeitig, um zu bemerken, dass der Wagen unter ihm rückwärts wegfuhr. Er rutschte langsam von der Motorhaube und fiel mit dem Kopf vorraus seitlich des Wagens auf den Asphalt. Roflduhastlol musste hinter dem Wagen weghechten, um nicht überfahren zu werden.
    Mit quietschenden Reifen raste der Wagen los und fuhr zurück auf die Autobahn.
    "Verflucht, was...?", rief ASRloverock, während er sich aufrichtete.
    "Schnell zum anderen Auto, wir müssen hinterher!", rief Kingwitty.
    "Vergiss es!", sagte ich. "Sieht dich doch mal um! Wir sind zu viele, das Auto ist zu langsam und Lordi und Shengo hats übel erwischt. Wir brauchen einen anderen Plan."
    "Mir gehts gut.", stöhnte Lordi und hielt sich den Kopf. Eine dünnes, rotes Rinnsal drang unter seiner Hand hervor und lief ihm über das Gesicht. "Was ist mit Shengo?"
    Shengo lehnte immernoch am Müllcontainer. Er rührte sich nicht und seine Augen waren geschlossen. Der Webmaster eilte zu ihm.
    "Nicht so schlimm, wie es aussieht.", meinte er. "Er wurde nur ungünstig getroffen. Trotzdem braucht er Hilfe, fürchte ich."
    "Was war das denn eben überhaupt?", fragte Marcus, der die ganze Szene nur vom anderen Auto aus gesehen hatte.
    "Ist das nicht offensichtlich? Das war eine Entführung, Mann!", sagte Dave, der die Situation offenbar sehr schnell überblickt und analysiert hatte. "Habt ihr eine Ahnung, wer das war oder was er vorhaben könnte?"
    Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. "Ja. Ich habe den Kerl schonmal gesehen.", platze es aus mir heraus. "Aber bei unserem letzten Zusammentreffen trug er einen blauen Umhang."
    Ich war mir ganz sicher, dass es sich bei diesem angeblichen Fahrer um jenen skrupellosen Vampir handelte, dem ich mich damals in AnnaSophias Haus gegenüber sah. Unter den Toten war niemand, der einen Blauen Umhang trug, wieso hatte mich das nicht gleich stutzig gemacht? Aber jetzt war es zu spät, sich Gedanken darüber zu machen.
    "Na los, wir brauchen Ideen. Wie gehen wir vor?", fragte Kingwitty.
    "Ich bleibe hier bei Shengo. Wir rufen einen Krankenwagen, dann kommen wir hier weg.", sagte der Webmaster und zog sein Handy hervor. Alle nickten.
    "Wir sollten sie verfolgen.", meinte ASRloverock dann.
    "Aber wir können nicht alle hinterher.", meinte Roflduhastlol zweifelnd.
    "Ist doch klar. Wir teilen uns auf. Du, du und du, ihr kommt mit! Der Rest bleibt hier und überlegt sich was.", entschied Dave und deutete dabei auf Marcus, Lordi und mich.
    "Er hat recht, wir haben keine Zeit für lange Überlegungen.", stimmte ich zu.
    "Los gehts!", rief Marcus aufgeregt, ob vor Vorfreude oder vor Wut ließ sich nicht eindeutig sagen.
    "Lordi, das schaffst du doch, oder?", fragte Dave sicherheitshalber nach.
    "Na sicher, für AnnaSophia schaff ich alles!", entgegnete Lordi entschlossen und nahm die Hand von der Wunde, die kaum mehr blutete.
    "Du fährst wieder!", sagte Dave zu mir, als wir den Wagen erreichten.
    Ich setzte mich ans Steuer und gab Vollgas. Sie durften uns nicht entkommen! Ich beobachtete noch im Innenspiegel, die Anderen immer kleiner wurden, während sie uns hinterherstarrten. Sie verließen sich auf uns, wir sollten sie nicht enttäuschen!

  • "Seht ihr den Wagen irgendwo?", fragte Dave ungeduldig, nachdem wir ein paar Minuten unterwegs waren.
    "Bisher noch nicht, aber was erwartest du auch bei der kurvigen Strecke hier durch den Wald?", antwortete ihm Marcus.
    "Ich glaube, das ist nicht das einzige Problem.", sagte ich und warf einen Blick auf den Tacho, der sich seit einiger Zeit nicht von der 180 wegbewegt hatte. "Ich fürchte unser Auto ist einfach zu langsam. Immerhin fahren wir hinter einem Mercedes her, 240 packt der doch sicher."
    "Verdammter Mist!"
    "Fluchen bringt uns auch nicht weiter, Dave.", meinte Lordi.
    "Hey schaut mal!", rief Marcus und deutete aus seinem Fenster. Ich streckte mich, um auch etwas sehen zu können. Die Autobahn machte eine ausgedehnte Kurve und führte in ein weitläufiges Tal zu unserer Rechten. Dort unten auf einer Brücke standen Autos. Nichts besonderes also. Oder etwa doch?
    "Perfekt, ein Stau!", sagte Lordi.
    Ich hätte nie gedacht, mich einmal so über einen Unfall zu freuen, denn der war die Ursache des Staus. Ich richtete meine Augen wieder auf die Straße.
    "Achtung!", reifen Marcus und Dave beinahe gleichzeitig.
    Keine fünfzig Meter vor uns hatte ein LKW die Spur gewechselt, um zu überholen. Ich stieg mit meinem ganzen Gewicht auf Kupplung und Bremse, zog die Handbremse an, riss das Steuer herum, doch alles vergebens. Ich hatte zu spät reagiert. Ein dumpfer Aufprall, dann schleuderte es uns von der Straße. Wir flogen über die Leitplanke und streiften einige Bäume, bevor wir gefährlich nahe an einer steilen Böschung auf dem Dach liegen blieben. Zu allem Unglück waren auch noch die Airbags des Fahrzeugs defekt gewesen.
    Es dauerte ein bischen, bis ich aus meiner Benommenheit erwachte. Das Erste, was ich feststellte war, dass ich mein linkes Bein nicht mehr spüren konnte. Ich öffnete die Augen einen Spalt breit. Die ganze Welt war hinter einem roten Schleier verborgen. Offenbar hatte ich Blut in den Augen. Mühsam versuchte ich mir die Augen zu reiben.
    "Alles klar bei euch?", hörte ich Lordis Stimme fragen. Ihm musste es wohl noch relativ gut zu gehen, wenn er solche Fragen stellen konnte.
    "Alles klar. Aber das wird ne dicke Beule geben." Das klang nach Dave. Ich erinnerte mich, dass Lordi und er auf der rechten Seite gesessen hatten. Ich wusste auch noch, dass ich das Steuer nach rechts gerissen hatte, so dass die linke Seite mit dem LKW kollidierte. Aber... was würde das für Marcus bedeuten. Ich versuchte das Horrorszenario auszublenden, das sich in meinem Kopf gerade zurechtlegte, doch dann antwortete auch Marcus: "Verdammt ist mir schlecht. Nächstes mal fährt Dave wieder, das ist sicherer." Er lachte ein wenig.
    Gott sei Dank, es ging allen gut. Mir würde es bald wieder gut gehen, darauf konnte ich mich verlassen und den Anderen war nichts passiert.
    "Wir sollten hier raus.", bemerkte Lordi und hatte damit nicht ganz unrecht, denn bei jeder kleinen Bewegung schien der Wagen der Böschung näher zu kommen, außerdem hing ein seltsamer Geruch in der Luft, als würde ein Kabel langsam durchschmoren.
    Lordi stieß seine Tür auf und zog sich aus dem Wrack heraus, rannte auf meine Seite und zerrte ein wenig an mir. Meine Tür brauchte er dafür nicht zu öffnen, denn die hing etwa zwanzig Meter weiter hinten an der Leitplanke.
    "Leute, ich glaube wir haben ein Problem.", stellte er dann fest. "Ich glaube, es ist sogar ein ziemlich übles."
    Ich verstand erst nicht, doch irgendwann im Verlauf der nächsten fünf Minuten wurde mir klar was los war. Lordi, Dave und Marcus versuchten immernoch mit vereinten Kräften mich aus dem Auto zu ziehen, aber ich hing fest. Mein Bein war eingequetscht worden und so wie es aussah würde sich das auch nicht einfach so ändern.
    Weitere zehn Minuten später hatte Dave endlich eine Idee: "Wieso hebeln wir ihn nicht mit einem kräftigen Ast da raus?"
    Die Anderen zuckten nur mit den Schultern und halfen Dave dann einen Ast, der mir eher wie ein halber Baumstamm vorkam, zum Wagen zu schleppen. Es vergingen noch einmal schmerzhafte fünf Minuten, in denen die drei mit vereinten Kräften einige Metallteile mehr schlecht als recht umbogen und mein Bein so befreiten.
    Ich biss die Zähne zusammen und versuchte ruhig zu klingen: "Wir müssen schleunigst hier weg!"
    "Was? Du brauchst ärztliche Hilfe, wir können nicht einfach..."
    Ich unterbrach Marcus: "Keine Zeit für Erklärungen. Und das meine ich wörtlich. Wenn die Polizei hier auftaucht können wir uns auf ein sehr ausführliches Gespräch freuen. Mich wunderts sowieso, dass die noch nicht hier sind. Also weg hier."
    "Und wie sollen wir das anstellen? Für uns ist das ja kein Problem, aber mit deinem Bein... Wir sollten lieber warten.", versuchte Lordi mich zu überzeugen.
    "Tragt mich!", meinte ich.
    "Was?"
    "Ihr sollt mich tragen!"
    "Aber..."
    "Na los doch, ich hör schon die Sirenen!"
    Lordi und Marcus sahen sich an, Lordi nickte, aber Marcus wusste nicht recht, ob er auf meinen Vorschlag eingehen sollte.
    "Nur, bis mein Bein verheilt ist.", fügte ich hinzu.
    Jetzt sah Marcus erst recht unentschlossen aus und auch Lordi sah mich etwas schief an. Nur Dave schien sich an meinen Worten nicht zu stören. Er hatte an einem Baum gelehnt und die kurze Unterhaltung aufmerksam verfolgt.
    "Wer packt mit an?", schaltete er sich schließlich ein und hob mich an. Er starrte Marcus und Lordi auffordernd an. Ein lautes Knacksen durchschnitt das Schweigen, als ein Stückchen Knochen wieder seinen Platz in meinem Bein fand. Die Sirenen kamen nun immer näher. Schließlich entschlossen sich Lordi und Marcus doch noch zu helfen und die drei trugen mich ein Stück die Autobahn entlang, aber so hinter Gebüsch und Bäumen versteckt, dass die Autofahrer uns nicht sehen konnten. Hin und wieder knackte es ein wenig in meinem Bein und jedesmal fühlte ich mich ein Stück besser.
    "Was genau bist du eigentlich?", fragte Marcus nach einer Weile.
    "Ich glaube, Dave kennt die Antwort schon.", sagte ich gelassen. "Nicht wahr, Dave?"
    "So? Ich habe aber dich gefragt, nicht Dave.", zischte Marcus. "Also antworte mir gefälligst richtig!"
    "Vampir.", sagte Dave. "Habs im Internetcafe herausgefunden. Eigentlich hab ich dem Webmaster versprochen, den Anderen nichts zu sagen, aber in dieser Situation..."
    Marcus stand der Mund offen. "Was hast du da eben gesagt?" Er konnte es nicht fassen. "Dann... dann ist er nichts weiter, als ein abscheuliches Monster?!" Er ließ mich los und wich ein paar Schritte zurück. Wir hielten an.
    "Na hör mal, mache ich denn so einen schlechten Eindruck?", wollte ich wissen.
    "Das ja bisher nicht gerade. Aber du kannst auch nicht abstreiten, dass wir AnnaSophias Spur wegen dir verloren haben.", meinte Lordi, der die Tatsache, dass ich kein Mensch war, ziemlich gelassen hinnahm.
    "Jeder macht Fehler, egal ob Mensch oder nicht.", entgegnete ich ihm. "Jetzt müssen wir uns halt was einfallen lassen. Ihr könnt mich übrigens runterlassen, mein Bein scheint wieder funktionstüchtig zu sein."
    Es tat gut, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Marcus schien immer noch nicht zu akzeptieren, was ich war, denn er redete kein Wort mehr mit mir. Stattdessen wandte er sich an Lordi: "Und was machen wir jetzt?"
    "Ich schlage vor, wir gehen zu den Anderen zurück.", warf Dave ein. "Ich ruf Roflduhastlol an, damit er uns sagen kann, wohin sie Shengo gebracht haben. Dort treffen wir sie dann."
    "Klingt vernünftig."
    Ein Telefonat und viele Stunden zu Fuß später standen wir vor einem kleinen Krankenhaus in einem Ort, den ich nicht kannte.

  • Die Anderen kamen uns schon entgegen, als wir den schmalen Fußweg zum Eingangsbereich nach oben stapften. "Das sieht ja übel aus.", rief Kingwitty uns entgegen und zeigte auf Lordi, bei dem sich jetzt eine große Beule deutlich über dem rechten Auge abhob. Er hatte dabei die alte Dame, die hinter uns lief offenbar nicht bemerkt. Die ging jetzt erstaunlich schnell auf ihn zu und zog ihm eins mit ihrem Gehstock über.
    "Das hast du davon, du Lümmel!", quäkte sie ihn an, bevor sie ihren Weg zum Eingang der Klinik fortsetzte.
    "Meine Güte.", meinte der Webmaster. "Wenn das so weitergeht landen wir irgendwann alle auf irgendwelchen Intensivstationen."
    Roflduhastlol sah die Sache etwas weniger gelassen. Er kam mit großen Schritten auf mich zu und packte mich an beiden Schultern. Er erhob die Stimme: "Konntest du nicht aufpassen? Wegen dir ist jetzt nicht nur dieser Typ mit AnnaSophia über alle Berge, du hättest euch beinahe umgebracht!"
    "Lass ihn, das hättest du auch nicht verhindern können. Dieser LKW...", mischte sich Dave ein, aber Roflduhastlol unterbrach ihn: "Wer ist denn gefahren, hm? Doch wohl er! Also trägt er auch die Schuld!"
    "Aber es geht doch allen gut, wieso diese Aufregung?"
    "Das sag ich dir, Dave! Ihr habt AnnaSophia verloren! Wie sollen wir sie denn jetzt noch finden?"
    Roflduhastlol schien das ziemlich fertig zu machen. Sein Griff lockerte sich etwas und er hing mir jetzt eher um den Hals, als dass er mich festhielt. Aus seiner Sicht war die Lage ziemlich trostlos, ganz im Gegensatz zu Shengo, dem es offensichtlich mittlerweile besser ging. Im Gegensatz zu allen Anderen, die gerade so aussahen, als würde für sie auch eine Welt zusammenbrechen, blieb Shengo erstaunlich ruhig. Wir schwiegen uns eine Weile an, bis er meinen Blick bemerkte und dann schließlich etwas sagte: "Ich bin mir nicht sicher... aber ich glaube, dass mein Handy noch im Auto liegt. Zumindest hab ich es jetzt nicht mehr bei mir."
    "Auf dem Parkplatz lag es jedenfalls nicht.", überlegte ASRloverock. "Zumindest habe ich es da nicht gesehen."
    "Wir könnten versuchen das zu Gerät orten." Der Webmaster war sofort hellwach. "Dummerweise müsste dafür eine Erlaubnis vom Handy aus erteilt werden."
    "Immer diese 0815-Programme...", warf ASRloverock ein.
    "Na hör mal, wo kämen wir da hin, wenn jeder einfach mal so jedes Handy orten könnte? Du darfst nicht vergessen, dass wir nicht die CIA sind, sondern einfache Bürger.", entgegnete der Webmaster. "Aber mal angenommen, das Handy befände sich in AnnaSophias Reichweite, dann könnte sie die Ortung bestätigen und wir wüssten, wo sie gerade ist."
    "Einen Versuch wärs wert.", meinte Marcus. "Dann leg mal los."
    "Schon dabei.", sagte der Webmaster, während er hektisch auf seiner Handytastatur herumtippte. "So, die Anfrage ist raus, jetzt müssen wir warten."
    "Nein, wir werden nicht warten. Wenn wir uns nur darauf verlassen und es nicht funktioniert, was dann?", rief Roflduhastlol.
    "Was sollen wir deiner Meinung nach noch machen?", fragte Kingwitty. "Mehr Möglichkeiten sehe ich gerade auch nicht."
    "Rofl hat recht.", warf ich ein. "Mal angenommen, der Kerl will Lösegeld, wen ruft er da wohl an?"
    "AnnaSophias Agenten oder die Produktionsfirma nehm ich mal an." Kingwitty konnte sich keinen Reim darauf machen. "Aber was bringt uns das?"
    "Organisiert schonmal ein oder zwei neue Autos, ich bin gleich wieder da, hab schnell noch was zu erledigen.", sagte ich und ging den Weg zum Krankenhaus nach oben.
    Auf halbem weg hörte ich Shengo hinter mir sagen: "Marcus, was ist los? Du bist ja total blass."
    Ich konnte mir schon denken, wieso. Aber jeder muss mal einen Happen... trinken. Und da kam mir das Krankenhaus nunmal gerade recht.

  • Gestärkt von einem halben Liter "Gruppe A-, Jahrgang 2010" trat ich wieder ins Sonnenlicht vor dem Krankenhaus. Es war ein guter Tropfen; dem Geschmack nach zu urteilen vermutlich von einem Jugendlichen gespendet. Als Marcus mich sah wurde er wieder weiß im Gesicht und fing an, ein wenig durch die Gegend zu taumeln, bis Shengo ihn schließlich auffing und abstützte.
    "Marcus, bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Sollen wir dich reinbringen?", fragte er besorgt.
    "Oh mein Gott, er ist verletzt!", rief Kingwitty plötzlich und deutete auf mich. Was hatte er denn bloß?
    Jetzt starrten mich auch die Anderen an. Manche sahen sorgenvoll aus, Andere, wie Lordi und Marcus, starrten entsetzt zu mir, der Webmaster verbarg sein Gesicht hinter seiner Hand, als würde er nur "Oh Gott!" denken, und Dave hatte ein merkwürdiges Funkeln in den Augen. Ich blieb stehen und überlegte, was denn an mir so merkwürdig sein könnte, dass ich solche Reaktionen hervorrufe. Dave machte eine Geste, als würde er sich den Mund abwischen und bedeutete mir, es ihm gleich zu tun.
    Ich hob meine Hand und strich mir einmal über die Lippen. Ich sah meine Hand an und erschrack ein wenig, als ich das Blut darauf sah. Wie unaufmerksam von mir; ich hatte beim Trinken wohl nicht aufgepasst. Ich sah die Gruppe wieder an. Marcus war nun vollends in Ohnmacht gefallen. Er dachte wohl, ich hätte das Blut frisch 'gezapft'. Dave grinste ein wenig, während der Rest sich um Marcus kümmerte.
    "Pass nächstesmal besser auf.", raunte Dave mir zu, als ich näher kam. "Der Großteil von denen weiß schließlich nicht, was du bist."
    "Du nimmst das ja auch sehr gelassen.", wisperte ich zurück.
    Als Antwort machte er den Mund weit auf, so dass ich hineinsehen konnte. Seine Eckzähne waren etwas verlängert, so wie bei einem... Er schloss den Mund wieder.
    "Wann ist das passiert?", fragte ich ihn leise.
    "Letztes Jahr hat mich so ein Irrer gebissen. Man hat ihn dann in eine Anstalt gebracht, aber seitdem...", flüsterte Dave.
    "Und ich hab das noch nichtmal gemerkt.", meinte ich.
    "Was gemerkt?", fragte Kingwitty plötzlich.
    "Ähh, dass ich geblutet habe. Sah aber schlimmer aus, als es ist.", antwortete ich etwas überrascht.
    "Er beißt sich beim Nachdenken öfter auf die Lippe.", fügte Dave hinzu.
    Kingwitty schien nicht so ganz überzeugt: "Komisch, ich sehe gar keine Wunde, aus der so viel Blut rauslaufen könnte?!"
    "Schon in Ordnung.", sagte ich mit etwas Nachdruck, so dass Kingwitty es aufgab weiter zu fragen.


    Als die angeforderten Wägen, ein schwarzer Ford Galaxy und ein Audi A4, schließlich endlich kamen war Marcus immernoch nicht wieder erwacht. Lordi und ich schleppten ihn zum Audi und legten ihn vorsichtig auf die Rückbank. Ich nahm Lordi kurz zur Seite und fragte: "Wäre es möglich, den Anderen nichts zu erzählen? Du weißt schon. Es wäre besser, wenn wir nicht noch mehr Ohnmächtige zu beklagen hätten."
    Lordi nickte, sagte aber nichts. Er schien mich scheinbar nicht als Monster zu sehen. Solange er irgendwie damit klarkam, war mir das nur recht.
    Wir teilten uns auf die Autos auf und setzten unsere Fahrt zum Drehort fort. Mittlerweile hatte unser Webmaster ein wenig recherchiert und kannte nun den genauen Ort.
    "Normalerweise würde ich sowas nie machen, das hier ist nur ein Ausnahmefall.", meinte er, als er den Motor des Galaxy anließ. Mich hatte man auf einen der hinteren Sitze 'verbannt', was ich aber auch nur zu gut verstehen konnte. Dave, der neben mir saß, konnte sich das Lachen kaum verkneifen, als er meinen Blick sah.
    Die Fahrt versprach, diesmal ereignisloser zu werden und so beschloß ich, eine Weile zu schlafen.
    Kaum, dass mir die Augen zugefallen waren, sah ich mich wieder in diesem Wald. AnnaSophia war bei mir. Wir rannten einen schmalen Waldweg entlang. Meine Beine wurden wieder schwer und mir stieg der Geruch von verbranntem Holz in die Nase. AnnaSophia verlor keine Geschwindigkeit und entfernte sich von mir. Plötzlich kamen wieder von allen Seiten Männer aus dem brennenden Wald und verfolgten sie. Aber diesmal war etwas anders. AnnaSophia rannte an einem Hubschrauberwrack vorbei, das das letzte Mal noch nicht dagewesen war, da war ich mir sicher. Ich wollte es genauer unter die Lupe nehmen, aber da wurde der Himmel blutrot, der brennende Baum stürzte um und begrub mich unter sich.
    Ich riss die Augen auf. Ich war immernoch im Auto und wir fuhren eine Autobahn entlang. Ich hatte mich im Gurt ein wenig verheddert und ich atmete schneller, als sonst. Niemand außer Dave hatte etwas bemerkt. Er lehnte sich zu mir rüber und flüsterte: "Was war los?"

  • "Es... es war eine Art Traum.", sagte ich leise.
    "Traum? Wir träumen nicht." Dave war überrascht.
    "Aus welchem Clan kommst du eigentlich?", fragte ich leise. "Hast du spezielle Fähigkeiten?"
    "Das weiß ich nicht.", antwortete er. "Ich habe versucht es herauszufinden, aber aus diesem Irren war nichts herauszubekommen."
    "Hast du schonmal von Vampiren mit Visionen gehört?"
    Dave überlegte kurz, und flüsterte dann: "Bisher nicht."
    Von Dave würde ich also auch nichts darüber erfahren können.
    Ich hatte die Geschichte meines Clans sorgfältig studiert, aber kam zu keiner Antwort. Immerhin brachte es mir die Erkenntnis, dass Vampire in Generationen unterteilt werden. Wenn ein Vampir der ersten Generation einen Menschen verwandelt, so wird dieser zu einem Vampir der zweiten Generation und verfügt nicht mehr über die ganze Stärke eines Vampirs. So wurde auch ich vor vierhundert Jahren verwandelt, von jemandem, den ich damals nur 'Meister' nannte. Wenn nun ein Vampir der zweiten Generation einen Menschen zum Vampir macht, so wird dieser wieder um einiges schwächer. AnnaSophia war demnach ein Vampir der dritten Generation. Sie hatte Glück, denn ab der vierten Generation werden Vampire anfälliger gegen Sonnenlicht und sollten sich ihm nicht zu lange aussetzen, da das zu ihrem Tod führen könnte. Wobei Tod etwas falsch formuliert wäre, denn Vampire – zumindest die der ersten drei Generationen - können nicht endgültig getötet werden. Sie fallen, wenn sie schwer genug verletzt wurden in einen Zustand völliger Starre und müssen warten, bis sie frisches Blut eines Artgenossen bekommen, der aus dem gleichen Clan stammt. Wenn also der letzte Vampir eines Clans in Starre fällt, gilt der Clan als ausgerottet, da es keine passenden Spender mehr gibt. Mit der Zeit zerfallen ihre Körper zu Staub und werden dann vom Winde verweht – bei vollem Bewusstsein. Zur Wiederbelenbung müssen dann mindestens fünfzig Prozent der Asche an einem Ort zusammengetragen werden, da das Blut sonst keinen weiteren Effekt hat.
    Bei meinen Nachforschungen blieben aber auch einige Fragen offen, wie: 'Wer war eigentlich der Urvater aller Vampire, also quasi der Vampir der nullten Generation?', 'Gibt es eine Möglichkeit zur Rückverwandlung in einen Menschen?' oder 'Woher kommen die unterschiedlichen Fähigkeiten der Vampire und welche gibt es da überhaupt?'
    Es galt also noch einiges herauszufinden.
    "Worüber denkst du gerade nach?", fragte Dave. Man konnte es mir also ansehen, dass ich angestrengt nachdachte.
    "Unsere Geschichte. Was weißt du darüber?"
    "Nicht viel. Ich bin ja auch noch nicht so lange ein..."
    "Psst." Ich hielt ihm den Mund zu, denn Roflduhastlol hatte die Ohren gespitzt und drehte den Kopf leicht zu uns.
    "Also ich finde euer Getuschel schon ziemlich verdächtig da hinten.", sagte er.
    "Was gibts denn so geheimes, dass wir es nicht alle hören dürfen?" Kingwitty interessierte sich jetzt auch für die Sache und Shengo nickte, bevor er sagte: "Das wüsste ich jetzt aber auch gerne. Ihr tuschelt da hinten schon die ganze Fahrt rum. Also raus mit der Sprache."
    Ich wollte gerade antworten, aber Dave kam mir zuvor: "Na gut, wir könnens ja nicht ewig geheimhalten: wir beide sind Vampire! Und wir haben uns über allerlei Vampirkram unterhalten."
    Mit dieser Ankündigung hattewohl keiner gerechnet.
    "Seid ihr beide aus dem Alter nicht schon raus?", fragte Roflduhastlol schließlich. "Wenn ihr es uns nicht erzählen wollt, dann braucht ihr das nur zu sagen. Ihr braucht euch keine faulen Ausreden ausdenken, noch dazu so unrealistische." Damit drehte er sich wieder um.
    Ich sah fassungslos zu Dave, der mir zuzwinkerte und ein breites Grinsen aufsetzte. Es hatte tatsächlich funktioniert.
    "Wieso lügen, wenn die Wahrheit schon so unrealistisch klingt, jedenfalls für Menschen?", sagte er leise. "Lass uns aber für den Rest der Fahrt lieber nicht mehr zu viel reden."
    "Hast recht.", flüsterte ich. "Und... Respekt!", fügte ich kurz darauf noch hinzu.
    Ein schriller Orgelton hallte durch das Auto, als mein Handy wieder einmal losging. Der Webmaster hatte Mühe, die Spur zu halten und ASRloverock wäre fast vom Sitz gefallen, wenn der Gurt ihn nicht gehalten hätte. Etwas verlegen kramte ich in meiner Hosentasche, bis ich das Handy schließlich in der Hand hielt.
    "Hallo?", meldete ich mich.
    "Du wusstest es, nicht wahr?", antwortete eine Stimme.
    "Was wusste ich? Wer ist da?"
    "Ich brauche sie nicht, ich brauche dich!" - Endlich begriff ich.
    "Was haben sie mit AnnaSophia gemacht?", fragte ich ihn ruhig. Am Ende der Leitung musste ihr Entführer sein, da war ich jetzt sicher.
    "Noch nichts, aber das kann sich sehr schnell ändern."
    "Ich will ihre Stimme hören."
    Es raschelte kurz. Dann konnte ich AnnaSophia hören. Ich vermutete, dass sie geknebelt war, denn ich verstand kein Wort. Nochmal ein kurzes Rascheln.
    "Reicht das?", fragte ihr Entführer.
    "Wo ist sie?", wollte ich wissen. Ich blieb immernoch ruhig. Jetzt panisch zu werden würde alles nur schlimmer machen.
    "Komm zu dem Ort, an dem ihr Film gedreht wird. Ich werde warten. Und denk erst gar nicht daran, mich auszutricksen. Komm allein! Wenn ich noch jemanden sehe, dann wirst du das Mädchen in kleinen Stückchen zurückbekommen."
    "Verstanden. Ich hab wohl keine andere Wahl. Aber..."
    Ein Klicken verriet mir, dass er aufgelegt hatte.
    "Wer war das?", fragte Shengo.
    Noch bevor ich antworten konnte rief der Webmaster: "Hey, ich hab ein Signal. Wir haben das Handy! Es befindet sich..."
    "Am Drehort.", fiel ich ihm ins Wort. "Das hat mir dieser Typ gerade gesagt."
    Der Webmaster sah etwas enttäuscht aus: "Wozu mache ich mir die Arbeit eigentlich?"
    "Ich muss da so schnell wie möglich hin, aber allein.", sagte ich.
    "Kommt nicht in Frage!", rief Kingwitty. "Wir können doch nicht einfach rumsitzen, während unser Engel in Gefahr ist."
    "Also für mich riecht das verdächtig nach Falle.", meinte Roflduhastlol. "Wieso meldet er sich überhaupt bei uns? Und woher hat er deine Nummer?"
    "Die wird AnnaSophia ihm wohl gegeben haben, welche Wahl hätte sie denn gehabt?", entgegnete ich. "Warum er jetzt ausgerechnet bei uns anruft, weiß ich nicht. Aber ich muss handeln, und zwar schnell."
    "Ich bin dabei!", sagte ASRloverock.
    "Ich auch!", stimmten ihm Shengo und Kingwitty zu.
    "Ohne mich läuft nichts.", meinte Roflduhastlol und Dave nickte nur.
    "Ich will mir doch nicht nachsagen lassen, dass ich nichts getan hätte.", meinte der Webmaster.
    "Aber ihr könnt doch nicht...", versuchte ich sie zu überzeugen.
    "Wir gehen! Zusammen!", unterbrach mich Shengo. "Ruft mal jemand Lordi an und gibt bescheid?"
    "Nicht nötig. Wir sind gleich da.", sagte der Webmaster und steuerte auf die nächste Ausfahrt zu.
    Was für eine Aussicht! Die Alpen präsentierten sich direkt vor uns im orangeroten Licht des Sonnenuntergangs. Wir fuhren eine Bergstraße entlang. Unter uns versanken die ersten Täler im Schatten der hohen Gipfel. Man konnte weit ins Land hineinsehen. Man konnte viele kleinere und größere Ortschaften über das Land verteilt sehen, einen kleinen See hier und da und die Autobahn, die sich zwischen Wiesen und Wäldern durchschlängelte und sich in der Ferne verlor.