Fanstory 8.0

  • Und hier kommt also die achte Geschichte…
    Wie die zu Stande gekommen ist? Manchmal habe ich das Gefühl, irgendein verrückter - und obendrein hobbyloser - Möchtegernbestsellerautor hockt sich jeden Tag nach der Schule, statt Hausaufgaben zu machen, an seinen Rechner und verzapft diesen Mist, aber das ist ein ziemlich unrealistischer und abwegiger Gedanke, oder?
    Aber jetzt zur Geschichte:
    Es war schon eine ganze Weile her, dass ich das letzte Mal meine Glock aktiv verwendet hatte, worüber ich nicht wirklich traurig war. Aber schlussendlich nahmen die Geschehnisse wieder ihren Lauf. Vom sonnigen Spätsommerwetter zum nasskühlen Nieselregenwetter und dann vom Regen in die Traufe, in die nächste Regentonne, den Swimmingpool oder was auch immer…
    Dabei hatte alles so gut und durchaus vielversprechend angefangen.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Als ich erwachte, schienen die Sonnenstrahlen zwischen den Lamellen des Rollladens hindurch und warfen viele gleichmäßig angeordnete kleine Lichtflecken auf die Bettdecke.
    Ich blinzelte verschlafen, drehte mich auf die Seite und blickte auf das Display meines Weckers.12 Uhr mittags. Ich seufzte, warf die Bettdecke zur Seite und richtete mich langsam auf, dann stellte ich meine Füße auf den Boden, stand auf und tapste langsam ins Badezimmer. Als ich an der Treppe vorbei kam, flitzte Bella die Treppe hoch und sah mich erwartungsvoll an. Ich blieb kurz steh und sah die bettelnde Hundedame an, von der ich nicht genau wusste, was genau sie von mir wollte oder erwartete, dann zuckte ich mit den Schultern und tapste weiter. Als ich nach einer halben Stunde wieder aus der Dusche kam, war AnnaSophia bereits aufgewacht und saß neben Bella, die ihren Kopf auf AnnaSophias Schoß gelegt hatte.
    „Morgen.“ Begrüßte sie mich noch etwas verschlafen und kraulte Bella hinter dem Ohr.
    „Hey. Was wollte Bella vorhin, als sie mich so bettelnd angesehen hat?“
    Ich setzte mich neben AnnaSophia auf das Bett und gab ihr einen Kuss.
    „Sie wollte schmusen. Und raus.“
    „Hm. Irgendwie muss ich mein Hündisch noch verbessern.“
    „Solange du auch noch mit mir redest, hab ich nichts dagegen.“
    „Keine Angst. Mit dir kann man besser reden, als mit Bella.“
    Ich grinste, ging ins Wohnzimmer und während AnnaSophia sich fertig machte, richtete ich das Frühstück her. Es war Samstag und AnnaSophias Eltern waren über das Woche zu bekannten nach Los Angeles geflogen. Ich hatte mich grinsend dafür bereit erklärt, während ihrer Abwesenheit auf AnnaSophia „aufzupassen“. Dass AnnaSophia und ich uns dabei ein Bett teilten, hatten wir ihnen allerdings, zusammen mit ein paar anderen Kleinigkeiten, verschwiegen.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Ich schloss meine Roboterhand um den Griff des Kühlschrankes, öffnete ihn und nahm die Butter heraus. Ich drehte mich um, gab der Tür genug Schwung, um zuzufallen und drehte mich schon im Gehen zum Küchentisch, als etwas heftig an meinem Roboterarm ruckte und mich nach hinten riss. Ich landete auf dem Boden, mit der linken Hand immer noch um den Griff geschlossen.
    „Jetzt klemmt dieses behinderte Ding schon wieder!“ fluchte ich in Gedanken und kämpfte mich umständlich auf die Beine, dann löste ich den Klammerverschluss und bog vorsichtig die künstlichen Finger auf. Als ich beim Zeigefinger angekommen war, begann wieder das alte Spiel, denn wie jedes mal hatte sich im Fingergelenk ein Kabel verklemmt, sprich, je weiter man den Finger aufbog, desto mehr verklemmte sich die ganze Geschichte.
    „Was ist los?“ fragte AnnaSophia von oben, die wohl meine unsanfte Landung gehört hatte.
    „Nicht, bin nur am Kühlschrank hängen geblieben.“
    „Wieder mit der Hand?“
    „Ja. Das Teil bringt mich noch mal um.“
    „Warum nimmst du nicht deinen alten Arm?“
    „Weil ich nicht immer mit drei Klingen herumlaufen will.“
    „Lieber mit drei Klingen, als mit klemmenden Fingern.“
    „Lieber mit klemmenden Fingern, als mit einem Unglücksbringer.“
    Als ich nach einer geschätzten Ewigkeit die Hand von dem Griff losbekommen hatte, war AnnaSophia bereits vom Gassi gehen mit Bella zurück und wartete am Frühstückstisch.
    „Warum nimmst du nicht deinen alten Arm? Und erzähl mir jetzt nicht wieder, dass dein Neuer viel besser ist.“
    „Weil ich das hinter mir habe.“
    „Junge, das ist DEIN Arm! Der gehört zu dir wie dein Kopf! Du kannst nicht einfach deine Gliedmaßen wechseln.“
    „Logisch kann ich das. Dieser dreispießige Zahnstocher gehört in ein anderes Leben.“
    „Mit wem bin ich dann zusammen? Mit dir oder mit E35?“
    Ich seufzte und verdrehte die Augen. AnnaSophia hatte recht. In letzter Zeit hatte ich ständig versucht, die Geschehnisse der vergangen Jahre einem anderen ich zuzuschieben. Ich wollte nicht mehr der heldenhafte E35 sein, auch nicht zur hälfte und die neue Hand die mehr Ärger und Umstände verursachte, als sie von Nutzen war, war nur ein Beispiel. Trotzdem gelang es mir nicht, mein E35-Denken und Handeln abzustellen, denn sobald AnnaSophia und ich nur vor das Haus gingen, sprangen sofort wieder sämtliche angewöhnten Mechanismen an, ich sah mich ständig um und sah hinter jedem Busch einen Li oder Brown. Nachts träume ich von den Kämpfen mit Li, allerdings variierten sie von Traum zu Traum in einer so großen Vielfalt, dass ich mir manchmal selbst im wachen zustand nicht mehr ganz sicher war, was ich geträumt hatte und was wirklich passiert war.
    Ich kaute nachdenklich auf meinem Müsli und starrte die Wand an. Nach einigen Minuten Schweigen sah ich AnnaSophia an. Ihre letzte Entführung war inzwischen drei Monate her, es war Ende August, es wurde kühler und die Tage wieder kürzer. Meine Schussverletzungen waren beinahe Spurlos verheilt, nur am Brustkorb war eine auffällige Narbe zurückgeblieben.
    „Was ist mit dir?“ fragte AnnaSophia und blickte mich an.
    „Ach nichts. Ich habe nachgedacht.“
    „Kaust du dabei immer auf nichts?“
    Ich blinzelte verwirrt und brauchte kurz, bis ich kapierte, was sie meinte. Ich hatte schon vor geraumer Zeit das gekaute Müsli geschluckt, ohne es zu merken, und weiter gekaut.
    Ich schüttelte leicht irritiert den Kopf und musste grinsen.
    „Ich glaube, ich muss mal an die frische Luft.“ Stellte ich fest und trank meinen Kaffe.
    „Lässt sich machen. Gehen wir in den Park?“
    Ich nickte zustimmend.

    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Mehrere hundert Kilometer entfernt von uns, in den Rocky Mountains, bahnte sich unterdessen das erste Unwetter an, der Vorbote von dem, was noch kommen würde.
    „Kowalski!“ rief eine Stimme und dröhnte im Raum.
    „Chef?“
    „Schnapp dir das Mädchen. Und achte diesmal darauf, dass du die Richtige erwischst!“
    Der stoppelhaarige Schläger kratzte sich unbehaglich am Nacken.
    „Du hast dieses Mal genau eine Chance, um deine Aufgabe zu erfüllen.“
    „Chef, ich werde mein bestes geben.“
    „Das hoffe ich für dich.“
    Der Mann nahm einen silbernen Revolver aus der Schreibtischschublade und ließ die Trommel drehen.
    „Wenn du wieder versagst, kannst du dein Gehirn vom Boden aufwischen.“
    „Keine Angst, Chef. Ich werde Sie nicht enttäuschen.“
    „Dann geh! Und komme mir nicht ohne das Mädchen zurück!“
    Kowalski lief eilig aus dem Raum. Durch die Großen Fenster viel das rötliche Licht der Abendsonne und tauchten die Wände des Zimmers in einen unwirklichen Schleier. Hinter Brown trat eine mittelalterlich gekleidete Gestallt in einem dunkelroten Umhang und aufgesetzter Kapuze aus der Tür eines Nebenraumes und stellte sich neben den alten Mann.
    „Warum haben Sie ihn nicht schon längst umgebracht?“ fragte die Gestallt.
    „Er ist ein guter Mann. Der Beste, den ich habe. Für sein Versagen konnte er nichts.“
    Die Gestallt schnaubte.
    „Das ist jämmerlich. Sie sind der größte Drogenkönig dieses Kontinents und machen sich von solchen Amateuren abhängig.“
    „Sie irren sich. Drogenkönig bin ich schon lange nicht mehr, mein Lieber. Ich bin nur noch ein alter und schwacher Mann, der sieht, wie seine Arbeit wie ein getrockneter Sandkuchen zerbröckelt.“
    „Und warum machen Sie sich dann diesen Aufwand, wegen einem Mädchen, statt ihre Arbeit zu sanieren?“
    „Das tue ich bereits.“
    „Wie? Indem Sie einen unfähigen Schläger auf ein Mädchen ansetzen?“
    „Das mag auf den ersten Blick unsinnig erscheinen, aber sie haben es erfasst. Wenn ich erst das Mädchen habe, ist mein Reich gerettet.“
    „Wenn Sie meinen. Wie sieht es mit unserem Deal aus?“
    „Der läuft weiter.“
    Der Vermummte schlenderte langsam um Brown herum und setzte sich mit verschränkten Armen ihm gegen über.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • „Warum sind Sie sich sicher, dass ich Sie nicht einfach umbringe?“
    „Sehe ich das richtig? Sie drohen mir? Sie drohen mir? Ich glaube nicht, dass Sie sich momentan in der Position befinden, jemandem zu drohen. Unser Deal ist meine Lebensversicherung. Wenn Sie mich umbringen, bekommt keiner von uns beiden das Geld. Ich bin der einzige, der weiß, wo die Ware ankommt, und sobald mein Puls aufhört, wird das an einen Empfänger bei ihrem Pulver gesendet. Und dann…“
    „Schon gut. Ich kann mir vorstellen, was dann passiert. Ich schlage vor, wir vergessen das. Eine Explosion in Venedig würde nur unnötig Staub aufwirbeln.“
    „Von mir aus muss die Bombe ja nicht hoch gehen. Haben Sie wirklich geglaubt, ich lasse mich mit jemandem von ihrer Sorte auf einen Deal ein, ohne vorher Sicherheitsmaßnahmen zutreffen? Haben Sie das, ja? Ich hätte mehr Menschenkenntnis von ihnen erwartet-“
    „Ich halte es trotzdem für unvernünftig, sich einfach in mein Haus zu setzen, wo an jeder Ecke Wachen mit Gewehren im Anschlag stehen.“
    Brown runzelte die Stirn.
    „Ihr Haus? Ich dachte, es gehört ihrem Bruder?!“
    „Gehörte. Er ist leider unpässlich geworden.“
    Brown nickte verständnisvoll und faltete die Hände.
    „Ich habe viele Anzeichen dafür gesehen, dass in diesem Gebäude schon Kämpfe stattgefunden haben. Es ist anscheinend sehr einfach, hier einzudringen. Im Zweifelsfall wird es für mich genau so einfach sein nach außen zu kommen.“
    „Diejenigen, die hier eingedrungen sind, waren allerdings sechzig bis siebzig Jahre jünger als Sie und dazu noch lebensmüde.“
    „Mit den Jahren muss ich Ihnen Recht geben, aber glauben Sie allen ernstes, ich würde an meinem Leben hängen, wie ein Zwanzigjähriger? Ich habe mein Leben gelebt. Ich war im Krieg, ich weiß, was es heißt, verwundet zu werden. Ihre Kugeln machen keine Angst. “
    Die Gestallt blieb einen Moment regungslos stehen und starrte Brown mit finsterer Miene an.
    Trotz der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze konnte Brown die typischen Gesichtszüge eines Chinesen erkennen. Die Gestallt schnaubte, dann drehte sie sich mit wirbelndem Umhang auf der Stelle um und verließ mit großen Schritten den Raum.
    Brown seufzte, stützte sich mit den Ellebogen auf die Armlehnen seines Sessels und legte die Fingerspitzen zusammen. Der Vermummte, mit dem er sich auf den Deal eingelassen hatte, war ein junger Emporkömmling, der Brown durchaus sympathisch war, aber er wusste, dass er ein gnadenloser Verbrecher war, der notfalls auch tötete, um seine Ziele zu erreichen. Trotz allem sah er dem Ereignis gelassen entgegen. Wenn nichts dazwischen kam, würde in wenigen Tagen sein letzter großer Clou steigen. Der letzte Deal seines Lebens.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Der Park war mittelmäßig besucht. Als ich den ersten Schritt auf den Schotterweg machte, vielen mir sofort zwei Kerle in Anzügen auf der anderen Seite der Anlage auf.
    AnnaSophia folgte meinem Blick und atmete genervt ein.
    „DIE sind keine Gefahr. Der eine ist unser Bürgermeister und der andere ist sein Sekretär.“
    „Tut mir leid. Es ist einfach…“
    „Gewohnheit, ich weiß. Du musst endlich mal abschalten, sonst wirst du noch verrückt.“
    „Das bin ich, seit ich dich das erste Mal in Brücke nach Terabithia gesehen habe.“
    „Jetzt hör aber auf!“ rief AnnaSophia und wurde ein bisschen rot im Gesicht.
    Wir gingen durch eine Beetanlage, setzten uns auf eine Parkbank und sahen Bella zu, die durch die Wiese wetzte.
    AnnaSophia nahm meine Hand.
    „Du denkst ja schon wieder nach!“
    „Nein, mache ich nicht.“
    „Über was hast du nachgedacht?“
    „Nichts Wichtiges.“
    „Sag es.“
    „Ich glaube nicht, dass das dir gefallen wird.“
    „Ich will es trotzdem wissen.“
    „Na gut. Ich habe mich gerade gefragt, warum uns die beiden Typen da drüben so verstohlene Blicke zuwerfen.“
    „Jetzt hör auf mit deinem Verfolgungswahn. Das macht mich nervös.“
    „Du wolltest es unbedingt hören.“
    „Ich dachte, du hättest… vergiss es. Könntest du einfach mal abschalten? Einfach den ganzen Überwachungsmechanismus ausklinken?“
    „Ich versuche es.“
    „Versuch es nicht, tu es!“
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Ich rannte eine enge Gasse entlang. Vor mir lief AnnaSophia. Links und rechts stapelten sich immer wieder Müllsäcke. Ich wusste nicht, warum ich rannte, aber nur wenige Meter hinter mir donnerten schwere Schritte auf den Boden. Ich sprang über einen Müllsack und warf einen flüchtigen Blick über die Schulter, erkannte aber kein Gesicht. Etwas knallte und links von mir flogen bunte fetzen durch die Luft, dann erwachte ich.
    Wir saßen immer noch im Gottesdienst. Ich war wohl kurz eingenickt und mit dem Kopf gegen die Lehne der vorderen Bank gestoßen, daher auch der Knall.
    Ich atmete tief durch und sah auf die Uhr. Es war gleich elf Uhr und damit kurz vor Ende dieser endlosen Rederei, die der Pfarrer vorne abhielt. Prompt fragte ich mich, wie die Leute im Mittelalter darauf gekommen waren, am Sonntagmorgen so früh in die Kirche zum Gottesdienst zu gehen, wo doch in den alten Schrift der geflügelte Satz „am siebten Tage sollst du Ruhen“, oder wenigstens inhaltsähnliche Passagen, vorkamen.
    Ich schüttelte den Kopf und setzte eine andächtige Miene auf, als würde ich genau wissen, wovon der Mann vorne gerade redete. In Wirklichkeit hatte ich natürlich keine Ahnung, aber alle anwesenden, AnnaSophia, die direkt neben mir saß, inklusive, waren so in den Gottesdienst vertieft, dass sie nicht einmal das dumpfe „Klonk“ der Kirchenbank bemerkt hatten. Warum also unnötig auffallen, wenn es bis jetzt kein Schwein gemerkt hatte?
    Als schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit, genauer gesagt nach fünf Minuten, endlich alles vorbei war, stand ich mühsam auf und parkte mich aus der engen Bank aus. Fünf Minuten konnten endlos langsam vergehen, vor allem, wenn man nichts zu tun hat und von einer derart monotonen Pfarrerstimme eingelullt wurde.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • „Wie hat es dir gefallen?“ fragte AnnaSophia erwartungsvoll.
    „Sehr…entspannend.“ Gab ich zu und wackelte mit steifen Beinen Richtung Kirchentor.
    „Du bist eingeschlafen.“ Riet AnnaSophia.
    „Fast.“
    AnnaSophia blickte mir mit einem verliebt-tadelnden Blick in die Augen.
    „Du bist unverbesserlich.“ Stellte sie schließlich fest, während wir das Kirchengebäude verließen.
    „Bei mir zuhause haben wir immer bis halb zwölf gepennt und dann die Sendung mit der Maus angeschaut…das ist wesentlich angenehmer.“
    Außen schien die Sonne und ein leichter, frischer Wind wehte.
    Als wir auf der Treppe waren gefror mir das Blut in den Adern und mein Herz setzte aus. Hastig schob AnnaSophia zur Seite hinter die Menge der Kirchenbesucher und zu einem Auto.
    „Was ist los? Spinnst du jetzt völlig?“ fragte AnnaSophia, als ich sie hinter den PKW zerrte und runter drückte. Ich schüttelte den Kopf.
    „Kennst du den Typ da?“ fragte ich und deutete durch die Heckscheibe des Wagens auf den Schlägertypen, wegen dem ich so erschrocken war.
    „Der sieht aus wie…“
    „Kowalski.“
    „Was sucht der denn hier?“
    „Jedenfalls nicht Kontakt zu Gott. Der Typ macht sich nicht mal die Mühe, über ihn zu fluchen.“
    „Du solltest dir ein Beispiel an ihm nehmen.“ Schlug AnnaSophia vor.
    „Soll ich dich auch entführen?“
    „Wäre bestimmt aufregend.“
    AnnaSophia grinste und ich zog eine Augenbraue hoch, dann sah ich wieder zu Kowalski, der sich jetzt etwas abseitig an eine Hauswand gelehnt hatte und erwartungsvoll zur Kirchentür blickte, wo immer noch die Besucher heraus quollen.
    „Worauf wartet der? Auf die Erleuchtung?“
    „Einem Typ wie dem geht nur ein Licht auf, wenn du ihm mit der Taschenlampe in die Pupillen leuchtest.“
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • Kowalski drehte sich hastig um, als fürchtete er, von jemandem entdeckt zu werden, und warf einen vorsichtigen Blick über die Schulter. Nach kurzem Warten drehte er sich um und lief ins unsere Richtung.
    „Er hat uns entdeckt!“ zischte AnnaSophia und wollte losrennen, aber ich hielt sie fest.
    „Nein. Der ist nicht hinter uns her, sondern hinter der da.“
    Ich nickte zu der jungen Frau, vielleicht drei Jahre älter als ich, die gerade an uns vorbei ging, und krabbelte auf die Straße.
    Als Kowalski an dem Auto vorbei lief, hinter dem wir uns Versteckten, sah er sich noch einmal prüfend um und beschleunigte dann sein Schritttempo. AnnaSophia atmete erleichtert auf und sah dem Schläger nach, der sich seinem Ziel immer mehr näherte.
    „Komm, wir sollten hier verschwinden.“ Drängte ich und lief in die entgegen gesetzte Richtung, aber AnnaSophia blieb stehen.
    „Wo bleibst du?“
    „Wir müssen ihr helfen.“
    „Ich bin gerade nicht E35, der Kerl zerlegt uns, bevor wir überhaupt wissen, was los ist!“
    „Feigling! Dann geh ich eben alleine!“
    Ich sah AnnaSophia nach, die entschlossen hinter Kowalski herlief und seufzte. Die Bezeichnung „Feigling“ war ein Schlag unter die Gürtellinie und fühlte sich an, als würde einem ein Urzeitmammut in den Magen treten.
    „Keine Angst, E35, das musst du nicht verstehen.“ Murmelte ich und holte zu AnnaSophia auf.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • „Kannst du mir mal verraten, was plötzlich in dich gefahren ist?“ fragte ich, als ich wieder neben AnnaSophia war.
    „Wir wissen, dass Kowalski Dreck am Stecken hat. Ich kann nicht einfach wegschauen, wenn ich weiß, dass gleich jemand ernsthafte Probleme bekommt.“
    „AnnaSophia, diejenigen, die gleich ernsthaft Probleme bekommen, sind wir! Wir sind geliefert! Wir wissen beide, dass wir ohne Waffen hilflos sind!“ versuchte ich, AnnaSophia von ihrem Vorhaben abzubringen.
    „Nicht zu helfen wäre unterlassene Hilfeleistung.“
    Ich fluchte leise.
    „Wie sollen wir jemandem helfen, wenn wir selbst hilflos sind?“
    „Schon mal etwas von zahlenmäßiger Überlegenheit gehört?“
    „Überlegenheit hilft auch nichts, wenn man im Nachhinein mit gebrochenen Gliedmaßen auf der Intensivstation liegt!“
    „Jetzt hör auf, bevor ICH DIR noch die Gliedmaßen breche!“
    Ich rollte mit den Augen und zog eine Grimasse.
    Als wir um die Ecke bogen, lief Kowalski bereits dicht hinter der jungen Frau.
    AnnaSophia und ich steigerten unser Tempo und holten auf, Kowalski hob die Hand, packte die junge Frau an der Schulter und riss sie herum. Als sie Kowalski erkannte, wurde ihr Gesicht sofort weiß.
    „Kowalski! Vergreifen wir uns mal wieder an jungen Damen?“ fragte ich, als wir direkt hinter ihm standen und Kowalski fuhr erschreckt herum.
    „Da schau an. Der tapfere E35 und seine Schauspielfreundin haben mich beim Verfolgen verfolgt. Verzieht euch, bevor ich euch auseinander nehme!“
    „Was hab ich gesagt? Er nimmt uns auseinander.“
    „Du hast gesagt, dass er uns zerlegt!“ widersprach AnnaSophia.
    „Kowalski, lass deine Finger von ihr und wir finden eine friedliche Lösung. Ich hab gesagt, der nimmt uns auseinander!“
    „Hast du nicht gesagt!“
    „Hab ich gesagt!“
    „Lüg nicht!“
    „Tu ich nicht!“
    „Schön. Während ihr zwei euch weiter streitet, kann ich ja meinen Job machen.“
    „Können Sie nicht!“ rief AnnaSophia, riss die Faust hoch und donnerte sie Kowalski auf die Nase, sog scharf die Luft ein, hielt sich das Handgelenk und fluchte laut.
    „Netter versuch, Kleine.“ Knurrte Kowalski und ließ seine Faust nach vorne fliegen, ich stieß AnnaSophia zur Seite und lenkte den wuchtigen Schlag ab. Der Stoß, der auf mich übertragen wurde, brachte mich ins Taumeln, Kowalski stolperte nach vorne, als ihn seine Faust hinterher riss und wir kippten in entgegen gesetzte Richtungen weg.
    „Kowalski, du hast nachgelassen.“ Bemerkte ich und rappelte mich auf.
    „Das sagt der Cyborg- Typ. Zeig mir doch mal deine Krallen, oder hat dich jemand zur Manikür?“
    „Sind leider gerade nicht in reichweite.“ Gab ich zu.
    „Müsst ihr eure Nasen eigentlich in jedes Loch reinstecken?“ fragte Kowalski genervt und stand auf.
    Ich überlegte kurz.
    (Fortsetzung folgt 8) )

  • „Nein. Nicht überall, aber wenn es sich dabei um Idioten wie dich handelt…ziemlich oft.“
    „Du bist ja ein richtiger Flachwitzgenerator!“
    „Das kommt davon, dass ich mich zu lange auf dein Niveau begeben habe.“
    „Sehr Witzig!“ knurrte Kowalski und ging auf mich zu. Der nächste Schlagaustausch ging blitzschnell, ich blockte Kowalskis Angriffe und Konterte, wurde zurück gedrängt und konnte nur Knapp meine Arme zwischen mich und den schwungvollen Roundhouse-Kick bringen, der mir sonst garantiert den Hals gebrochen hätte. Der Schwung riss mich von den Füßen und schleuderte mich auf den Boden. Als ich aufschlug spürte ich ein schmerzhaftes Brennen in der linken Schulter, die noch vor zwei Monaten von einer Kugel durchlöchert gewesen war, und mir blieb der Atem weg. Während ich nach Luft rang sah ich Kowalski, der sich laut fluchend das Schienbein hielt, wo ihn mein Roboterarm getroffen hatte.
    AnnaSophia rannte von hinten an Kowalski heran, der sich schon wieder zu mir bewegte, brachte ihn mir einem Tritt in die Kniekehle nach unten und drehte ihm die Arme auf den Rücken. Kowalski machte eine schnelle Bewegung und bevor ich wusste, was los war, lag AnnaSophia der länge nach auf dem Rücken und stöhnte schmerzerfüllt.
    „Hier geblieben!“ rief ich Kowalski nach, der jetzt zu der jungen Frau lief und sie hinter sich herzerrte.
    „Halts Maul, Kleiner! Die Leistung, die du gerade gebracht hast, sah nicht nach E35 aus, du Schwächling!“ frotzelte er und gab mir im Vorbeigehen einen Tritt in die Seite.
    „Feiges Schwein!“ japste ich, aber Kowalski marschierte mit seinem Fang weiter und beachtete mich nicht.
    „E35, alles noch ganz?“ fragte AnnaSophia angestrengt und sah in meine Richtung.
    „Wenn du mich noch einmal E35 nennst, dann… ach was solls. Ich glaube, ich habe mir den Arsch gebrochen.“
    „Ach, du auch?“
    (Fortsetzung folgt 8) )